GAVs finanzieren Sprachkurse
Travail.Suisse Formation TSF erarbeitet zurzeit eine Studie zum Thema «Gesamtarbeitsverträge und Weiterbildung[1]». Sie bezweckt, dass die Sozialpartner:innen in ihren Gesamtarbeitsverträgen verbesserte Weiterbildungsregelungen aufnehmen, damit insbesondere auch «weiterbildungsferne[2]» Arbeitnehmende vermehrt an Weiterbildung teilnehmen können. Eine wichtige Zugangshürde zur Weiterbildung besteht in der Sprache. Nur wer genügend Kenntnisse einer Landessprache hat, findet den Zugang zu weiterführenden Bildungsangeboten. Bei der Überwindung dieser Hürde wirken GAVs unterstützend.
Zu den «weiterbildungsfernen» Gruppen gehören u.a. Migrantinnen und Migranten der ersten Generation.[3] Es ist davon auszugehen, dass ein gewichtiger Grund, warum diese Gruppe sich unterdurchschnittlich an Weiterbildung beteiligt, in ihren ungenügenden Sprachkenntnissen liegt. Es sind daher Massnahmen vorzukehren, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Daran können sich auch Branchen mit Gesamtarbeitsverträgen beteiligen. Im Folgenden werden drei gute Beispiele vorgestellt, wie über GAVs Sprachkurse finanziert werden:
GAV Gerüstbau[4]
Der Gerüstbau ist auch auf Arbeitnehmende angewiesen, die über keinen formalen Abschluss als Gerüstmonteur:in verfügen. Für diese Zielgruppe sieht die Branche vor, dass ab dem dritten Dienstjahr obligatorisch der «Basiskurs für Gerüstbaumitarbeiter Lohnklasse C» besucht werden muss.[5] Voraussetzung für die Teilnahme sind allerdings Kenntnisse einer Landessprache.[6] Sind diese nicht hinreichend vorhanden, ermöglicht der GAV-Gerüstbau Sprachkurse für Fremdsprachige. Die Deutsch- und Französischkurse können bei einem anerkannten Sprachinstitut besucht werden; oder man kann sich bei paritätisch organisierten Kursen anmelden. Der GAV Gerüstbau unterstützt über den Gebafonds[7] die Sprachkurse zu 80%, maximal aber mit CHF 400 pro Semester und Person.[8] Profitieren von dieser Unterstützung können Arbeitnehmende,
- welche in einem dem GAV unterstellten Betrieb arbeiten,
- die während mindestens sechs Monaten unmittelbar vor Kursbeginn ununterbrochen Gebafonds-Beiträge bezahlt haben,
- diese auch während des Kursbesuches weiterhin zahlen (Gebafonds Art. 6.1.) und
- zudem 80% des Kurses besucht haben (ebd. Art. 6.2.5.1).
Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe [9]
Der Landesmantelvertrag unterstützt zwei Typen von Sprachkursen. Einerseits Sprachkurse, die nach dem fide-Ansatz aufgebaut und durchgeführt werden. Kern dieses Sprachfördersystems für Migrantinnen und Migranten ist die Szenario-Didaktik. Dank ihr sollen die Teilnehmenden lernen, Alltagssituationen sprachlich zu bewältigen. Konkret unterstützt der GAV-Bau den Kurs «fide-Sprachkurs auf der Baustelle», der helfen soll, die Kommunikation am Arbeitsplatz (hier auf der Baustelle) besser zu bewältigen. Unterstützt werden nur Kurse, die den Kriterien des Parifonds Bau entsprechen und von ihm bewilligt wurden. Die Kurskosten werden vom Parifonds direkt mit dem Bildungsanbieter abgerechnet, wobei den Teilnehmenden ein Selbstbehalt von CHF 100.- in Rechnung gestellt wird. Der Kurs umfasst 52 Lektionen, wobei mindestens 44 der 52 obligatorischen Lektionen besucht werden müssen, damit ein Leistungsanspruch besteht. [10] Teilnehmende an diesen Kursen erhalten bei einem erfolgreichen Abschluss CHF 15.00 pro Lektion und bei einem nicht erfolgreichen Abschluss CHF 7.50 pro Lektion ausbezahlt.[11] Der Landesmantelvertrag unterstützt andererseits aber auch andere (Nicht-fide-)Sprachkurse, die von allen Arbeitnehmenden, welche die verlangten Kriterien[12] erfüllen, besucht werden können. Für die Teilnahme an diesen Sprachkursen erhalten die Kursteilnehmenden CHF 400.- pro Semester als Beitrag zur teilweisen Deckung ihrer Kurskosten und Spesen.[13]
L-GAV der Gastronomie/Hotellerie[14]
Der GAV der Gastronomie/Hotellerie unterstützt fide-Sprachkurse in Deutsch, Französisch und Italienisch. Der Kurs umfasst 50 Lektionen. Der GAV übernimmt aktuell die gesamten Kurskosten von CHF 1‘100.-. Die Kurse werden als Arbeitszeit angerechnet und sind von den Arbeitgebenden zu vergüten. Der Arbeitgebenden erhalten dafür aus dem L-GAV CHF 700.-, das heisst CHF 14- pro Lektion. Bei einem geringeren Pensum als 100% wird die Auszahlung an den Arbeitgebenden entsprechend angepasst.[15] Die Unterstützung ist an folgende Kriterien geknüpft:
- Der anstellende Betrieb muss zum Zeitpunkt der Anmeldung zwingend dem L-GAV des Gastgewerbes unterstehen.[16]
- Die teilnehmende Person muss in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen.[17]
- Das Arbeitsverhältnis muss mindestens schon sechs Monate dauern.[18]
- Der Kurs steht in einem Zusammenhang mit der effektiven Tätigkeit des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin im Betrieb.[19]
Zusammenfassung
Es gibt GAVs, welche Sprachkurse für Fremdsprachige unterstützen,
- durch die teilweise Übernahme der Kurskosten (Gerüstbau)
- durch die teilweise Übernahme der Kurskosten und einer Entschädigung zur Deckung von Spesen nach Abschluss des Kurses (Bauhauptgewerbe) oder
- durch die vollständige Übernahme der Kurskosten, der Anrechnung der Kurszeit als Arbeitszeit und einer teilweisen Rückvergütung der Lohnkosten an die Arbeitgebenden (Gastronomie/Hotellerie).